Weiche Faktoren sind wichtig

Durch | 9. November 2010

Nach den vorangegangenen Beiträgen zu Projekterfolg und Vorgehensmodellen ist es Zeit den Blick auf die „weichen“ Faktoren wie Arbeitsweise, Teamklima und Kommunikationsergebnisse zu richten. In der immer noch laufenden Untersuchung werden in einem Fragenblock 17 verschiedene dieser Faktoren abgefragt. Die folgenden Aussagen werden auf einer Zustimmungs-Skala ((Die Aussagen konnten wie folgt bewertet werden: trifft überhaupt nicht zu, trifft eher nicht zu, trifft eher zu, trifft voll und ganz zu.)) bewertet:

  1. Im Team waren die gemeinsamen Ziele und Aufgaben bekannt.
  2. Die Teammitglieder waren bereit,
    ihre persönlichen Ziele den Zielen des Teams unterzuordnen.
  3. Es war klar wer zum Team dazugehört.
  4. Die Aufgaben und Rollenverteilung im Team waren klar.
  5. Getroffene Entscheidungen wurden vollständig von allen Teammitgliedern umgesetzt.
  6. Es war klar, wer welche Entscheidungen trifft.
  7. Es gab im Team verbindliche Regeln zur Zusammenarbeit.
  8. Es herrschte im Team eine vertrauensvolle Atmosphäre.
  9. Kritik wurde im Team offen und konstruktiv geäußert.
  10. Probleme wurden offen im Team besprochen und gemeinsam gelöst.
  11. Es gab ein „Wir-Gefühl“ im Team.
  12. Die Arbeit im Team machte Spaß.
  13. Projektrelevante Informationen wurden innerhalb des Teams
    bereitwillig ausgetauscht und weitergegeben.
  14. Wichtige Entscheidungen im Team wurden transparent für alle Mitglieder kommuniziert.
  15. Erfahrungen und Wissen wurden im Team ausgetauscht.
  16. Die Teammitglieder haben sich gegenseitig motiviert und unterstützt.
  17. Es wurden im Team Witze erzählt, die von Außenstehenden nicht verstanden wurden.

Es liegt auf der Hand, dass einige der Faktoren wie z.B. die Klarheit der Ziele mittelbar von erfolgreichem Methoden- und Werkzeug Einsatz abhängen. Andere wie das „Wir-Gefühl“ oder die „vertrauensvolle Atmosphäre“ sind als Ergebnis der Gruppendynamik im Team zu sehen. Einen ersten Eindruck, dass diese Faktoren wichtig für den Projekterfolg sind vermittelt nebenstehende Grafik. Es sind 4 mehr oder minder kreisförmige Kurven zu sehen. Die gestrichelten Kurven stellen theoretische Kurven dar. Die Blaue zeigt den Idealzustand (ideales Team) wenn alle der obigen Aussagen mit voller Zustimmung angekreuzt würden. Die Rote zeigt das negative Gegenteil wenn keine der Aussagen auf Zustimmung träfe. Die durchgezogenen Linien zeigen die real ermittelten Werte für „erfolgreiche“ und „nicht erfolgreiche“ Projekte. In erfolgreichen Projekten ist demnach die Teamqualität höher. Die Frage „Ob die Teamqualität den Erfolg befördert oder sie sich als Nebenprodukt des Erfolgs einstellt“ liefert Stoff für eine Henne-Ei-Diskussion, die ich hier schon einmal angerissen hatte.

Interessanter als die Henne-Ei-Diskussion scheint mir ein genauerer Blick auf die Faktoren, bei denen der Unterschied im obigen Diagramm besonders ausgeprägt ist. Darunter sind auch 4 Aussagen, die besonders eng mit dem konstruktiven Verlauf der Gruppendynamik im Projektteam zusammen hängen:

  • Es gab verbindliche Regeln der Zusammenarbeit.
  • Es existierte eine vertrauensvolle Atmosphäre.
  • Es existierte ein Wir-Gefühl.
  • Persönliche Ziele wurden Team-Zielen untergeordnet.

Die Zustimmung ((Als Zustimmung wurden hier die Antwortoptionen „trifft eher zu“ bzw. „trifft voll und ganz zu“ gewertet.)) zu all diesen Aussagen wird sich nur einstellen wenn das Team die Leistungsphase (performing) erreicht hat. Die verbindlichen Regeln der Zusammenarbeit sind das Ergebnis einer internen Auseinandersetzung (Rollenklärung und Machtkämpfe). Auf dieser geklärten Basis kann das Vertrauen und Wir-Gefühl entstehen. Das positive Erleben des Vertrauens ermöglicht letztendlich dem Einzelnen seine persönlichen Ziele den gemeinsamen Team- bzw. Projektzielen unterzuordnen. ((Eine Beschreibung der Teamphasen und der Zusammenhang mit psychologischen Diagnosefragen zur Ermittlung der Phase ist hier zu finden.)) Ein Blick auf die Erfolgsquoten der Projekte in Abhängigkeit von diesen 4 Faktoren zeigt nebenstehende Grafik. Die Erfolgsquote der Projekte mit weit entwickelten Teams ist mehr als 3-mal so hoch wie jene der Teams, die sich in früheren Teamentwicklungsphasen befinden. Diese Korrelation ist stärker als jede andere bisher gefundene ((Hier ist anzumerken, dass die Erfolgsquote bei den Projekten, die bei diesen vier Teamfaktoren ausschließlich „trifft voll und ganz zu“ bewertet hatten, noch höher liegt.)). Weder bei PM Methoden, den Vorgehensmodellen noch beim Werkzeugeinsatz ließen sich vergleichbar große Differenzen feststellen. Ein Team, das die Teamentwicklungsphasen weitgehend durchschritten hat, ist demnach einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren in der Projektarbeit.

Die entscheidende Frage ist: „Wie lässt es sich erreichen, dass das Team innerhalb des Projekts möglichst schnell die Findungsphase verlässt, die der Rollen- und Machtkämpfe durchläuft und die produktive Phase erreicht?“ Warum agile Methoden hierbei einen gewissen Vorteil haben wird Thema des nächsten Beitrages sein.

Ein Gedanke zu “Weiche Faktoren sind wichtig

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