Gift fürs Team – die Individualbewertung

Durch | 28. Januar 2016

Bevor ich den Text über die unterschiedlichen Teams und den Zusammenhang mit den Führungsverhalten fortsetze, möchte ich die Handball-Europa-Meisterschaft zum Anlasss nehmen, um auf eine destruktive Unsitte hinzuweisen. Auf der ARD-Webseite gibt es die Möglichkeit Einzelnoten für die Spieler zu vergeben. Es heißt: Spielerzeugnis – benoten Sie die deutschen Handballer. Was für ein Unsinn, was für eine Unsitte! Natürlich sind wir es von Kindesbeinen an gewöhnt benotet zu werden – das macht es für Teamarbeit aber noch lange nicht sinnvoll oder richtig.

Gerade bei dem gestrigen Spiel wird das deutlich. Eine entscheidende Szene war der Anschlusstreffer kurz vor Schluss. Der Trainer nimmt den Torwart raus und schickt einen siebten Feldspieler zur Ausführung eines Freiwurf aufs Feld. Der Freiwurf war zudem an der richtigen Stelle provoziert worden – siehe ARD Video ab Minute 31:00. Die Jungs stellen einen Viererblock zum Freiwurf, der Rückraumschütze wirft und trifft. Ein sehr ungewöhnlicher Spielzug in dieser Situation, der durch die perfekte Ausführung den Erfolg brachte, da kommt es auf 20 cm Laufweg jedes Beteiligten und Timing an, dass der Wurfarm des Schützen den nötigen Platz hat. Das Einwechseln und das Zurückwechseln muss rasend schnell erfolgen, sonst kassiert die Mannschaft sofort wieder einen schnellen Gegentreffer.

Wer hat in dieser Situation (oder in vielen anderen Situationen) welche Note verdient?

Die Vergabe von Noten fokussiert immer auf Einzelaspekte und gaukelt nur eine Objektivität vor, die nicht gegeben ist. Ein Verzicht auf Noten bedeutet nicht, dass man Verdienste nicht würdigen soll. Wir brauchen eine andere Kultur der Würdigung.

 

2 Gedanken an “Gift fürs Team – die Individualbewertung

  1. Dr. Eberhard Huber Beitragsautor

    Sorry für die späte Antwort. Das ist eine gute Frage und ich versuche noch eine Antwort zu finden. Ein Stück weit ist es Gewohnheit und Teil unserer Kultur, die Antwort ist aber trivial. Im Moment fallen mir nur niedere Gründe für das “Helfen” ein, ich denke da noch weiter drüber nach.

  2. Alexander Weihs

    Welchen Sinn verfolgen wir eigentlich, wenn wir Mitmenschen bewerten? Sei es nun schon sehr früh in der Schule oder eben unsere Handballer? Am Mittwoch waren unsere Jungs schlicht Superklasse – Ende der Bewertung. Jede Bewertung ist doch immer ein Versuch, den “Bewertungsgegenstand” über die Bewertungskriterien vergleichbar zu machen. Wem helfen vergleichbare Menschen?

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