Die alte und die neue Befragung

Durch | 3. April 2008

Im Jahr 2006 hatten wir eine große Onlinebefragung durchgeführt um dem Zusammenhang zwischen Projekterfolg dem Faktor Mensch bzw. den sogenannten weichen Faktoren wie Kommunikation oder Vertrauen im Team auf die Spur zu kommen.

Hierzu wurden konkrete, persönliche Erfahrungen der Projektbeteiligten zu „weichen Faktoren“ wie Informationsfluss, Arbeitsweise und Arbeitsatmosphäre im Team abgefragt. Darüber hinaus wurden Daten zu Projektgröße, Teamgröße, Vorgehensmodelle, Technologie usw. erhoben.

Die Ergebnisse der damaligen Umfrage sind hier in Kürze zusammengefasst.

Abbildung 1
Nicht einmal die Hälfte der erhobenen Projekte (45,2%) wurde als erfolgreich bewertet. Bei 19,4 % konnten die Ziele nur mit Zeit- und Kostenüberschreitung erreicht werden. Bei den übrigen 35,4% wurden trotz Zeit- und Kostenüberschreitung die Ziele nur teilweise oder überhaupt nicht erreicht. Hierbei lagen die meisten der bewerteten Projekte bei einem Arbeitsaufwand von 60 – 200 Arbeitstagen (38 %). Kleinere Projekte mit einem Aufwand unter 60 Tagen waren ebenfalls stärker vertreten (19,4 %). Die Teamgröße betreffend stellten kleinere Teams mit bis zu 4 Personen die Mehrheit (48,3 %), gefolgt von einer mittleren Teamgröße von zwischen 4 und 8 Personen (33,6%). Interessanterweise zeigte sich hier ein Zusammenhang: kleinere Teams sind deutlich erfolgreicher. Was bedeutet das? Ein Blick auf die Kommunikation in Projekten schafft Klarheit.

Kommunikation in Projekten

Im zentralen Teil des Fragebogens waren verschiedene Aussagen zu bewerten, die den Informations- und Kommunikationsstand im Projekt bzw. Aspekte der Arbeitsweise, des Arbeitsklimas und des Verhältnisses der Mitarbeiter untereinander beschreiben. Inwieweit die Statements zutreffend waren oder nicht konnte mit einer Skala von 1= „trifft voll zu“ bis „trifft überhaupt nicht zu“ bewertet werden. Der Vergleich der bewerteten Aussagen zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen Informationsstand und Projekterfolg: Je besser der Informationsfluss desto wahrscheinlicher der Projekterfolg!

In nicht erfolgreichen Projekten hingegen wussten die Mitarbeiter teilweise nicht einmal, wer Projektleiter bzw. Auftraggeber ist und wer zum Projekt dazu gehört. Sie kannten oft weder den Projektplan noch die Projektziele. Dies gilt für mehr als die Hälfte aller Projekte!

Abbildung 2
Die Auswirkung dieser Informationsdefizite auf den Projekterfolg ist klar: Ein Mitarbeiter, der die Ziele des Projektes und den Projektplan nicht kennt, kann nicht selbstständig arbeiten, ist permanent auf konkrete Arbeitsanweisungen angewiesen. Bleiben diese Anweisungen aus oder sind sie missverständlich formuliert, wird sehr schnell in die falsche Richtung gearbeitet, dem Projekt gehen Zeit und Budget verloren.

Zusammenarbeit im Team

Noch interessanter ist die Charakterisierung der internen Zusammenarbeit. Die folgenden Aussagen wurden bewertet:

Innerhalb des Teams wurde bei Problemen gegenseitige Hilfe geleistet.

Anstehende Entscheidungen und Alternativen wurden offen diskutiert.

Bei Schwierigkeiten wurde gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten gesucht.

Abbildung 3
Diese Aussagen wurden in nicht erfolgreichen Projekten deutlich schlechter bewertet. Sie sind gleichzeitig starke Indikatoren dafür, ob im Projektteam eine vertrauensvolle Atmosphäre herrscht. Nur auf der Basis gegenseitigen Vertrauens ist eine gemeinsame Fehlersuche und offene Diskussion von Alternativen möglich. Auch hier ist der Zusammenhang mit dem Projekterfolg offensichtlich: In jedem Projekt geschehen Fehler, werden teilweise Lösungswege beschritten, die sich als Sackgasse herausstellen. In einer solchen Situation ist es notwendig, schnell und effizient Alternativen zu finden und umzusetzen. Ist dies im Team nicht möglich oder bleibt diese Aufgabe an einzelnen Personen hängen, gerät das Projekt leicht ins Stocken.

Eine offensichtliche Schlussfolgerung lautet daher: Projekte scheitern an mangelnder Information und fehlendem Vertrauen im Team! Dieses Ergebnis wird vom Erfolg kleinerer Teams gestützt: kleinere Teams sind übersichtlicher, die Kommunikation direkter.

Vorgehensmodelle in Projekten

Ein Zusammenhang des Projekterfolgs mit dem jeweils gewählten Vorgehensmodell läßt sich aus den vorliegenden Daten weder im positiven noch im negativen Sinne ableiten. 58% aller Befragten gaben an, eine individuelle Vorgehensweise, die verschiedene Elemente standardisierter Vorgehensmodelle vereint, zu verwenden. Eine weitere große Gruppe (24%) gab an, Mischformen der gängigen Vorgehensmodelle zu verwenden. Betrachtet man die Erfolgsquoten für die jeweiligen Projekte, weichen diese nicht wesentlich von den ermittelten Durchschnittswerten ab. Auch beim Einsatz „ungewohnter, neuer Technologien“ zeigen sich nur geringe Unterschiede zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Projekten. Lediglich die agile Entwicklung zeigt eine etwas bessere Erfolgsquote. Ob hier ein Zusammenhang besteht, lässt sich erst nach weiteren Untersuchungen mit größerer Zahlenbasis sicher sagen. Zudem wird agile Entwicklung eher bei kleinen Projekten eingesetzt, die ohnehin eine höhere Erfolgsquote zeigen. Die Auswahl des Vorgehensmodells scheint damit keinen wesentlichen Einfluss auf den Projekterfolg zu haben. Der kritische Faktor bleibt die Kommunikation!

Die nächste Befragung

Es bleiben offene Fragen. Wie sehen diese angegebenen individuellen Vorgehensmodelle aus? Gibt es Praktiken und Methoden, die bevorzugt eingesetzt werden? Haben diese Methoden besonderen Einfluss auf die Arbeitsatmosphäre? Benötigt beispielsweise Paar-Programmierung besonderes Vertrauen im Team oder wird Vertrauen durch Einsatz dieser Methode besonders gefördert und hat dadurch Einfluss auf den Projekterfolg? Diese und andere Fragen werden derzeit mit einer neuen Befragung in Zusammenarbeit mit der Universität Magdeburg geklärt.