Woran Projekte wirklich scheitern

Durch | 21. November 2008

Im manager-magazin bzw. vor einiger Zeit in der Computerwoche fanden sich Artikel zu den wichtigsten Faktoren, die Projekte scheitern lassen. Es werden 14 Punkte genannt:

  • Falsches Personal
  • Keine erfahrenen Projektmanager
  • Keine Methode
  • Zu viele Prozesse
  • Änderungen beim Projektumfang werden nicht berücksichtigt
  • Keine Ahnung vom Status Quo
  • Probleme ignorieren
  • Umfang nicht klar definieren
  • Zusammenhänge zwischen Projekten nicht sehen
  • Murphy’s Law vergessen
  • Kein Change Management
  • Unvollständige Ablaufpläne
  • Unrealistische Deadlines
  • Fachchinesisch

Diese Punkte lösen bei jedem erfahrenen Projektleiter und Mitarbeiter ein schiefes und wissendes Lächeln aus. Sicher sind alle 14 Punkte richtig und schwierig, die Liste ist jedoch nicht vollständig und einige der Punkte lassen sich zusammenfassen. In einer Untersuchung, die wir vor zwei Jahren durchgeführt hatten kamen wir zu etwas anders lautenden  Schlussfolgerungen:

  • Projekte scheitern nicht an der Technik.
  • Projekte scheitern an fehlender Information und Kommunikation.
  • Projekte scheitern an fehlendem Vertrauen im Projektteam.
  • In Projekt-Teams mit mehr als 4 Mitgliedern sinkt die Erfolgsquote nochmals drastisch. Die gruppendynamische Prozesse stellen hier offensichtlich ein zusätzliches Risiko dar.
  • Die Auswahl des Vorgehensmodells hat keinen Einfluss auf den Projekterfolg.

Dass Prozesse oft nicht helfen und manchmal hinderlich sind, findet sich auch in den 14 Punkten wieder. Unter dem Punkt Kommunikation und Information lassen sich einige der obigen Punkte zusammenfassen. Das „Vertrauen im Team“ fehlt hingegen. Eine Nachfolgestudie, die genauer den Aspekt des Teams in SW-Projekten untersucht, ist bereits durchgeführt und wird in den nächsten Tagen veröffentlicht. In der neueren und noch größeren Untersuchung zeigt sich noch deutlicher wie wichtig der Faktor Team ist. Das „Vertrauen im Team“ ist gewissermaßen ein Indikator dafür ob die gruppendynamische Teamentwicklung erfolgreich verlaufen ist.

Als Lesestoff bis die neue Studie veröffentlicht wird, hier Titel, Abstract und Downloadlink der alten Studie:

Die Bilanz des (Miss)-Erfolges in IT-Projekten
Harte Fakten und weiche Faktoren

Cleo Becker, Dr. Eberhard Huber

Die Erfolgsbilanz von IT-Projekten ist ernüchternd. Die Erfolgsquote liegt, abhängig von der jeweiligen Untersuchung, nur zwischen 20 und 45%. In der vorliegenden Untersuchung wurde der Schwerpunkt erstmalig auf den Zusammenhang zwischen Projekterfolg und sogenannten weichen Faktoren gelegt. Hierzu wurden konkrete, persönliche Erfahrungen der am Projekt Beteiligten erfragt. Im Rahmen einer Online-Befragung wurden neben Daten zum Projekt auch weiche Faktoren wie Arbeitsklima, Verlässlichkeit im Team u.a. abgefragt. Die Korrelation der weichen Faktoren mit dem Projekterfolg legen folgende Schlussfolgerungen nahe: Projekte scheitern nicht an der Technik sondern an fehlender Kommunikation und fehlendem Vertrauen in den Projekt-Teams. In großen Projekten wird die Situation durch gruppendynamische Effekte weiter verschärft.

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4 Gedanken an “Woran Projekte wirklich scheitern

  1. Eberhard Huber

    Dies liegt im Wesen des Projektes, das anders als eine Kampagne, grundsätzlich Neues schafft.

    Guter Gedanke – viele (ganz allgemein formuliert) Vorhaben werden als Projekte tituliert. Manchmal ist eine Teilmenge des Vorhabens ein kleines Projekt, manchmal fehlt noch was um es zum Projekt zu machen und in vielen Fällen ist es eine Kampagne oder einfach nur aufgebohrtes Tagesgeschäft.

    Ich werde in den nächsten Tagen noch ausführlicher was dazu schreiben, in meinen Seminarmaterialien habe ich ein Bild zu Entstehungsszenarien von Projekten, das diese Problematik aufgreift … fehlt nur noch etwas Text dazu.

  2. Michael Weyl

    Projekte, die Organisationen verändern …

    Ich denke, kein Projekt lässt eine Organisation unangetastet. Dies liegt im Wesen des Projektes, das anders als eine Kampagne, grundsätzlich Neues schafft.
    Gerade in der Projektbetrachtung kommen hier die meisten Ungereimtheiten auf. Kennzeichen einer Kampagne ist, dass mit vorhandenen Mitteln und Routinen neue Tatbestände geschaffen werden. Ein Projekt schafft Neues, ohne dass auf Vorhandenes zurückgegriffen werden kann.

    Ich bin überzeugt, gerade hier kommt es oft zu Differenzierungsproblemen und Steuerungsfehlern. Aus meiner Sicht sind die meisten IT-Projekte keine echten Projekte im Sinne der oben angerissenen Sortierung. Ich habe insbesondere bei Projektsanierungen erleben müssen, dass gerade Projektleiter sich über die Unterschiede zwischen Kampagne und Projekt nicht im Klaren waren und dadurch vollkommen falsche Steuerungssignale gegeben haben. Auch Team-Mitglieder schätzen oft die Sachlage falsch ein. So kommt es, dass Neues geschaffen wird, obwohl bereits vorhandene Routinen verwendet werden könnten oder kosten- und zeitintensive Entwicklungen durchgeführt werden, die im Extremfall nicht den notwendigen Qualitätsstandard aufweisen. Somit kann eine Fehleinschätzung bereits der ersten Schritt zum Scheitern werden.

    Soweit meine jetzigen Gedanken hierzu. Aber der Prozess des Nachdenkens (anhand der veröffentlichten Studie) ist noch nicht abgeschlossen.

  3. Eberhard Huber

    @Michael Weyl … sehr spannende und in der Tat konfliktträchtige Punkte. Der Konflikt der Projektziele mit den persönlichen Zielen ist bei allen Projekten, deren Ziel oder Resultat eine Veränderung der Organisation bewirkt, enorm. In manchen Projekten wird quasi durch die Hintertür verlangt, dass die Mitarbeiter an ihrem eigenen Stuhl sägen müssen, das Interesse dem Projekt zum Erfolg zu verhelfen erlahmt dann sehr schnell.

    Das Thema Verantwortung könnte ein eigenes Bücherregal füllen.

  4. Michael Weyl

    Interessante Erkenntnisse.
    Da ich meine Projekterfahrungen nicht nur auf IT-Projekte stütze, kommen mir einige Aspekte in den Sinn, die oftmals unterbewertet aber wichtig für den nachhaltigen Projekterfolg sind.
    (1) Projektintention in Verbindung mit Eigeninteressen aller Teammitglieder
    (2) Zielinterpretation und Zielbeugung jedes einzelnen Projektmitglieds
    (3) Verantwortungsteilung verus Verantwortungsverweigerung
    (4) Kontrolle der Kontrolle innerhalb des Projektteams

    Alle 4 Punkte können Sprengstoff innerhalb eines Projektes sein. Wenn gescheiterte Projekte analysiert oder Projektsanierungen durchgeführt werden, sind immer min. zwei der vier Punkte in negativer Ausprägung vorzufinden. Geschickte Projektleiter kennen dies und sorgen bereits im Vorfeld für eine positive Ausprägung bei allen Projektbeteiligten.

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