Im Beitrag zur Risikocheckliste hatte ich erwähnt, dass die Schaffung einer vertrauensvollen Atmosphäre im Team ein eigenes Thema ist. Dem möchte ich mich heute widmen. Auch wenn die Gruppendynamik eine hoch komplexe Angelegenheit ist so lassen sich dennoch einige einfache Fragen formulieren. Auf dem PM-Merkkärtchen zur Teamentwicklung sind auf der Vorderseite planlos herumstehende Business-Schuhe, Stöckelschuhe und Birkenstock Sandalen zu sehen. Schuhe so unterschiedlich wie die Menschen in einem Unternehmen. Der Controller, die Assistentin der Geschäftsleitung, der Software-Entwickler … alle werden im Projekt gebraucht und müssen irgendwie zusammenarbeiten. Auf der Rückseite des Kärtchens stehen die folgenden Fragen:
– Kennen alle den Auftraggeber?
– Ist eindeutig, wer das Team leitet?
– Ist eindeutig, wer zum Team gehört?
– Kennt jeder seine Aufgabe?
– Sind alle Fähigkeiten bekannt?
– Wissen wir, welche Unterstützung benötigt wird?
– Wissen wir, wer wen unterstützt?
– Ist klar, wer welche Entscheidungen trifft?
Die erste Frage scheint banal, ist sie aber nicht. In Projekten, die aus unterschiedlichen Bereichen eines Unternehmens besetzt werden, herrscht keineswegs Einigkeit über den Auftraggeber, hier spiegeln sich oft die unterschiedlichen Interessen der Unternehmensbereiche. Es ist Aufgabe des Projektleiters das zu klären und im Team klar zu machen wer der Auftraggeber ist. Mit der Klärung dieser Frage ist ein erster Schritt für die Struktur- und Rollenklärung getan. Damit kommen wir zur nächsten Frage. Ist eindeutig klar „wer das Team leitet„? Die erste Antwort „der (die) Projektleiter(in)“ erscheint logisch. Der oder die Betreffende muss sich aber fragen: Stimmt die Antwort auch in der gelebten Praxis? Hat vielleicht nicht immer jemand anderes das letzte Wort, die Assistentin der Geschäftsleitung aufgrund Ihrer Nähe zur Führungsetage oder in einem technisch-lastigen Projekt der Spezialist aus der IT-Abteilung. Gleich im Anschluss stellt sich die Frage der Zugehörigkeit, in manchen Projekten herrscht ein Kommen und Gehen von Mitarbeitern, sei es durch Umbesetzungen, Kapazitäts-Engpässen, scheinbarer Unlust oder einem gelegentlichen Vorbeischauen von Führungskräften aus der Linienorganisation. Solche Fluktuationen lassen sich nicht immer vermeiden auch die saubere Trennung zwischen Projekt- und Linienorganisation gelingt nicht immer, dennoch muss immer klar bleiben wer gehört dazu und wer nicht. Wenn hier Unklarheiten bestehen ist die weitere Entwicklung der Projektgruppe zum echten Team gehemmt.
Die nächsten Fragen nach Aufgaben, Fähigkeiten und benötigter Unterstützung gehören eng zusammen. Die Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter müssen zum Projekt passen. Und wenn zu Beginn Kenntnisse fehlen müssen diese (gemeinsam) aufgebaut werden oder ggf. durch externe Unterstützung ergänzt werden. Und wieder klingt ein wenig Banalität durch, aber Hand aufs Herz – der Fall des guten Cobol-Programmierers, der in ein Java Projekt gesteckt wird ist leider kein Märchen. Im Einzelfall mag dies gelingen, wenn aber im Java Projekt überhaupt kein Java Entwickler dabei ist wird es spannend.
Hinter der nächsten Frage „wer unterstützt wen“ steckt etwas sehr wichtiges. Wenn die vorangegangenen Fragen schlüssig beantwortet sind, also allen klar ist wer die Leitung hat, woher der Auftrag kommt, welche Kenntnisse gebraucht werden und wer diese hat ist es an der Zeit zu klären wer wen unterstützt. Das ist keine reine Frage der Kenntnisse, nicht jeder Mitarbeiter kann auch gut erklären, die Arbeitsweisen der Mitarbeiter sind womöglich nicht kompatibel – der eine kann mit Unterbrechungen seiner Arbeit gut umgehen, der andere weniger. Es kommt also darauf an ein bewusstes Unterstützungsnetzwerk im Team entstehen zu lassen. Jede(r) braucht das Gefühl im Notfall jemanden fragen zu können und dieser jemand kann (leider) nicht immer der Projektleiter sein.
Die Frage nach den Entscheidungen schließt gewissermaßen den Kreis, es muss nicht zwingend sein, dass alle Entscheidungen vom Projektleiter getroffen werden, manche Entscheidungen gehören definitiv zum Auftraggeber, manche Detailentscheidungen sind vielleicht besser bei Spezialisten im Team aufgehoben. Unabdingbar für das Team ist jedoch, dass die Verteilung der Entscheidungen klar und allen bekannt ist.
Diese 8 Fragen stecken einen Rahmen für eine Entwicklung der Gruppe zum Team ab. Bestehen bei den Antworten Unklarheiten ist das der Nährboden auf dem Konflikte entstehen und gedeihen. Können sie klar und zweifelsfrei beantwortet und die Antworten auch kommuniziert werden, besteht eine gute Chance, dass sich das Team entwickelt und eine hohe Leistungsfähigkeit erreicht.
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