Projektmanagement in der Krise I

Durch | 24. März 2009

Die Wirtschaftskrise zwingt zum Sparen. Geplante Projekte werden verschoben. Genehmigte Budgets werden gekürzt. Der Druck den Budgetrahmen einzuhalten steigt. Das sind die offensichtlichen Auswirkungen auf laufende Projekte. Hinzu kommt die Verunsicherung der Mitarbeiter, die großen Einfluss auf die Zusammenarbeit in Projekten hat. Die Angst vor Fehlern nimmt zu, die Risikobereitschaft sinkt, Schuldzuweisungen werden häufiger. Wie kann die Projektleitung hierauf reagieren und trotz der schwierigeren Rahmenbedingungen Projekte erfolgreich(er) abschließen. Ganz einfach: Die erschwerten Bedingungen stellen zugleich neue Chancen für erfolgreiches Projektmanagement dar. Aus der Verunsicherung heraus erhöht sich auch die Chance, dass in Projekten Hochleistungsteams entstehen und der Faktor Mensch im positivsten Sinn wirksam wird.

Für die Nutzung der veränderten Rahmenbedingungen als neue Chance müssen die Themen Budget/Ziele und Unsicherheit der Mitarbeiter zuerst getrennt betrachtet werden. Heute möchte ich mit dem Thema „Ziele“ beginnen. Mancher Projektleiter steht derzeit vor dem Problem mit gekürztem Budget unveränderte Ziele erreichen zu müssen. Glücklicherweise gibt es kaum ein Projekt in dem die Ziele völlig klar oder vollständig dokumentiert sind. Jetzt ist es an der Zeit scharfe Ziele zu (re)formulieren, das heißt die vorliegenden Projektziele zu hinterfragen und zu präzisieren. Mit einem Bild wird dieses Präzisieren anschaulich. Auf einer Wiese stehen mehrere Zielscheiben für Bogenschützen.

Zielscheiben

Das Projektziel lautet: Die Scheiben sollten möglichst gut getroffen werden. In Zeiten großer Budgets würde eine Reihe von Bogenschützen antreten. Jede(r) würde mehrere Pfeile schießen und die Scheiben würden irgendwie getroffen werden. In Zeiten knappen Budgets ist die Anzahl der Schützen begrenzt, die zwei verbliebenen Schützen haben zudem unterschiedliche Bögen – einen modernen technischen Bogen mit Visier und einen mittelalterlichen Holzbogen – und jeder hat nur zwei Pfeile. Jetzt ist es an der Zeit Fragen zu stellen:

  • Müssen wirklich alle Ziele getroffen werden?
  • Kann der Ballen ohne Zielmarkierung ausgelassen werden?
  • Muss das Zentrum der Scheiben getroffen werden?
  • Müssen alle Felder der Dreier-Scheibe getroffen werden?

Mögliche Antworten auf diese Fragen könnten sein:

  • Nicht auf leere Strohballen schießen.
  • Die kleine Scheibe mit der größten Entfernung muss ins Zentrum getroffen werden.
  • Auf der großen Scheibe zählt auch ein Treffer am Rand.
  • Auf der Dreierscheibe genügt ein Treffer in eines der Zentren.

Jetzt wachsen die Optionen für ein erfolgreiches Projekt wieder an. Der Schütze mit dem präzisen Bogen übernimmt die Scheibe, die links auf dem Bild zu sehen ist, und versucht das Zentrum zu treffen. Danach tritt der Holzbogenschütze an und versucht die große, nähere Scheibe irgendwie zu treffen. Falls noch Pfeile übrig sind versuchen ggf. beide ein Zentrum der 3er Scheibe zu treffen. Wenn die Schützen treffen – ein Restrisiko lässt sich in einem Projekt leider nie vermeiden 😉 – erhält der Aufraggeber alle gewünschten Treffer.

Die Projektrealität ist natürlich komplexer als dieses einfache Beispiel, das Prinzip ist jedoch vergleichbar. Diese Unschärfen galt es schon immer zu finden, jetzt wird es aber noch wichtiger sie schnell und gründlich zu finden. Präzise und priorisierte Ziel-Formulierungen haben zudem eine ganze Reihe von positiven Nebenwirkungen für alle Projektbeteiligten:

  • Zeitverschwendung wird verhindert. Zu hoher Zeitaufwand für ein „nice to have“ Ziel (leerer Strohballen im obigen Bild) wirkt bei knappem Budget doppelt schädlich.
  • Scharfe Ziele erleichtern die Erfolgswahrnehmung. Klar formulierte Ziele erleichtern die Bewertung des Erreichten und lassen den Erfolg deutlicher erkennen. Ein präziser Pfeil im Zentrum sieht zudem besser aus als eine unter einem Wald von Pfeilen verborgene Zielscheibe.
  • Der Einsatz von Mitarbeitern gemäß Ihrer Qualifikationen und Kompetenzen wird erleichtert. Dies wirkt sich auf Planung, Arbeitseffizienz und indirekt auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter aus.

Darüberhinaus sind präzise Ziele ein wichtiger Faktor für die Ãœberwindung der Unsicherheit und nachfolgend für die Leistungsfähigkeit des Projektteams.

zum zweiten Teil

3 Gedanken an “Projektmanagement in der Krise I

  1. Pingback: Projekte gegen die Krise » Von Dr. Eberhard Huber » Beitrag » projekt (B)LOG

  2. Dr. Eberhard Huber Beitragsautor

    Hallo Juergen, Frage- oder Ausrufezeichen hinter dem Titel, im Prinzip wäre beides möglich, mit dem nächsten Beitrag wird es vielleicht klarer.

  3. Juergen

    Sehr guter Beitrag und er trifft den Nagel auf den Kopf. Nur die Headline ist ein wenig verwirrend. Ich glaube, dass Project Management nun wichtiger und gefragter ist als in „reichen Zeiten“. Als Frage wäre es eventuell treffender formuliert.

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