Der Sinn von Modellen

Durch | 22. Oktober 2009

Bevor ich an den Themen Kultur und Kommunikation weiterschreibe, ist ein kurzer Exkurs, der ein wenig vom Projektmanagement wegführt, nötig. Wenn über Kommunikation und Kultur gesprochen wird tauchen immer wieder Bezüge zu Modellen auf: Das Vier-Seiten oder 4 Ohren Modell, das Zwiebelmodell der Kultur, die Phasenmodelle in der Teamentwicklung oder auch das von uns entworfene Modell des „Teamuhrwerks„. Es stellen sich die Fragen: Wozu ist ein Modell gut? Was kann und soll es leisten? Der vordergründige Eindruck ist der eines (natur)wissenschaftlichen Modells, eines Modells im Sinne einer Aussage „So ist das!“. Diese Ansicht ist jedoch selbst im Kontext der Naturwissenschaften nicht korrekt. Am Anfang stehen die Beobachtung und die Beschreibung. Danach entsteht ein Erklärungsversuch. Der beschreibende Beobachter versucht sich ein – in seinem Geist verkleinertes – Bild zu machen wie das beobachtete Phänomen im Kern funktionieren könnte. An einem völlig fachfremden Beispiel aus der Astronomie lässt sich diese Vorgehensweise sehr schön verdeutlichen.

Frühe Astronomen beobachteten den Himmel und zeichneten die Bahnen der Lichtpunkte auf. Sie entwarfen auf der Suche nach Verständnis unter anderem ein Modell konzentrischer Schalen, die sich ineinander bewegen konnten. Das Modell der Welt entsprach also einem Teller mit mehreren darüber gestülpten durchsichtigen Salatschüsseln. Die Vorstellung das Weltall bestehe aus durchsichtigen Riesenschüsseln erscheint aus heutiger Sicht absurd. Heute haben wir ein anderes und „besseres“ Modell der Welt und des Weltalls. Möglicherweise ist es genauso „falsch“ wie die Salatschüsseln. Der wesentliche Unterschied zum Salatschüssel-Modell ist die Vorhersage-Mächtigkeit und der Erfolg. Mit den Vorhersagen des heutigen Weltmodells lassen sich Satelliten starten und Navigationsgeräte fürs Auto bauen. Ein Navi auf Basis der Salatschüssel-Formeln würde schwerlich funktionieren.

Zurück zur Sozialwissenschaft und den Kommunikations- und Team-Modellen. Wenn von den vier Seiten einer Botschaft oder einer Teamentwicklungsphase gesprochen wird, soll das nicht bedeuten „Das ist so!“ oder „Menschen sind so!“. Diese Modelle sollen lediglich helfen manche Vorgänge, die häufig in ähnlicher Weise auftreten, besser zu verstehen. Kommunikationsfehler oder Streitigkeiten in Gruppen liefern immer wieder ähnliche Geschichten. Es gibt die typischen Geschichten, die, wenn sie erzählt werden, bei den Zuhörern ein zustimmendes Kopfnicken auslösen. Der Gedanke „Das kenne ich“ oder „das habe ich schon so ähnlich erlebt“ steht im Raum. Diese Ähnlichkeiten besser in Worte zu fassen ist der eigentliche Sinn der Modelle. Ein in Worte gefasstes Verständnis ermöglicht ein zielgerichtetes Verhalten und ggf. die Vermeidung von Kommunikationspannen oder gruppeninternen Streitigkeiten. Damit schließt sich der Kreis zum Projektmanagement. Es geht um bewusstes, zielgerichtetes Handeln. Bewusstsein und Verständnis gehen Hand in Hand. Jede vermiedene Kommunikationspanne jeder konstruktiv gelöste oder gar vermiedene Konflikt kommt den Menschen und dem Projekt zu gute.

Dieser Text ist unter Creative Commons BY NC ND (Namensnennung – Nicht Kommerziell-Keine Bearbeitung) lizenziert. Er ist Teil des Buchprojekts „Menschen im Projekt“. Er gehört zum Abschnitt 2.C siehe Mindmap zum Inhalt und Struktur.

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2 Gedanken an “Der Sinn von Modellen

  1. Thomas

    Eine gute und prägnante Zusammenfassung über den Sinn und Nutzen von Modellen. Hoffentlich werden die Leser dieses Abschnittes danach verstehen, dass Modelle gut sind, dass es jedoch sinnvoll sein mag, diese Modelle zu hinterfragen und ggf. eigene Erfahrungen bei der Anwendung dieser Modelle mit einfliessen zu lassen. Das gilt umso mehr für sozial-wissenschaftliche Modelle (hierzu zähle ich auch PM-Modelle) als für die natur-wissenschaftlichen Modelle (bspw. Newtons Gravitationsmodell).

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