Für erfahrene Scrum Anwender oder agile Software-Entwickler ist klar was ein Stand-Up-Meeting ist. Da diese Methode auch unter anderen Rahmenbedingungen von großem Nutzen sein kann, möchte ich zuerst noch einmal kurz zusammenfassen, was ein Stand-UP-Meeting ist. Es ist ein sehr häufiges, regelmäßiges (tägliches) Treffen des Projektteams. Das Treffen ist bewusst kurz gehalten (Richtwert 15 min) und wird im Stehen abgehalten. In der Regel steht das Team im Kreis um das gemeinsame Taskboard. Der Ablauf ist standardisiert, es werden von jedem Anwesenden kurz und knapp die folgenden Fragen beantwortet:
- Bin ich mit der Aufgabe fertig geworden, die ich mir bis heute vorgenommen hatte?
- Welche Aufgaben nehme ich mir bis zum nächsten Treffen vor?
- Gibt es ein Problem, das mich gehindert hat meine Aufgabe(n) abzuschließen?
Ausgehend von einer sinnvollen Teamgröße von 4 bis 8 Personen, hat jede(r) Anwesende nur ca. 2 min Zeit seine Fragen zu beantworten. Damit wird schon offensichtlich wie knapp die Zeit ist. Der Grund, dass diese Meetings sich oft verlängern liegt aber weniger an der knappen Zeit, sondern an den folgenden Gründen:
- Unpräzise Moderation
- Abhängigkeit von Aufgaben und resultierende Konflikte
- Allgemeines Kommunikationsdefizit des Teams
Unpräzise Moderation
So unerfreulich es für den Moderator (Scrum Master) auch sein mag – das 15-minütige Meeting erfordert eine präzise Moderation. Begründung und Analyse von Problemen gehören nicht in das Stand-Up-Meeting sondern müssen ggf. in separaten Terminen mit klarer Agenda besprochen werden. Es ist Aufgabe der Moderation die angesprochenen Probleme festzuhalten um danach Lösungen herbeizuführen zu können. Wenn das Problem in irgendeiner Form erfasst ist (Liste, Merkkärtchen, Taskboard, …) wird im Stand-Up-Meeting nicht weiter über dieses Problem gesprochen. Um diese Vorgehensweise besser einhalten zu können ist es z.B. hilfreich wenn alle Anwesenden, die ein Problem mitbringen, dieses schon vorab auf einem roten Kärtchen notieren. Diese Kärtchen werden dann im Meeting gesammelt und sichtbar aufgehängt. Ãœber jedes Kärtchen darf dann nur so viel gesprochen werden, dass klar ist worum es geht.
Abhängigkeit von Aufgaben und resultierende Konflikte
Schwieriger wird es wenn einzelne Aufgaben voneinander abhängen, wenn z.B. eine(r) auf die Ergebnisse eines anderen warten muss. Das Problem des einen wird damit indirekt zum Problem des anderen. Hier ist zudem ein erhebliches Konfliktpotential verborgen. Niemand gibt in der Runde gerne zu, wenn er seine Aufgabe nicht abgeschlossen hat – umso besser wenn die vermeintliche Schuld bei einem anderen liegt. Trotz der Brisanz der abhängigen Aufgaben und Probleme gilt auch hier: Diskussion und Analyse gehört nicht in das Stand-Up-Meeting. Hier gilt es für den Moderator die Beteiligten zu identifizieren und ggf. sofort einen Ausweichtermin zu vereinbaren, in dem das Problem nur mit den wirklich Beteiligten zu diskutieren. Derartige Abhängigkeitssituationen lassen sich an spontanen Wortwechseln der Beteiligten erkennen. Diese Wortwechsel können sich leicht in die Länge ziehen und sich über einen Schlagabtausch zu einem Streit entwickeln. Umso wichtiger ist es sie schnell zu beenden und in einem anderen, geeigneteren Rahmen zu besprechen.
Allgemeines Kommunikationsdefizit des Teams
Auch wenn man Schreibtisch an Schreibtisch oder Tür an Tür arbeitet wird der notwendige Gesprächsbedarf nicht automatisch gedeckt. Gesprächsbedarf entsteht einerseits aufgrund des notwendigen Informationsaustauschs andererseits aus dem Bedürfnis nach sozialer Interaktion. Beide Anliegen sind sehr wichtig und brauchen den notwendigen Raum. Dieser Raum ist allerdings nicht das Stand-Up-Meeting. Dementsprechend gilt es auch hier das Bedürfnis nach Kommunikation in einen anderen Rahmen zu befriedigen. Dies kann ein Workshop zum Informationsaustausch, eine offene Gesprächsrunde oder ein gemeinsames Bier am Abend sein. Ein Kommunikationsdefizit lässt sich oft an einer Vielzahl von Wortmeldungen und Redebeiträgen erkennen.
Fazit
Die Moderation muss mit Argus-Augen darüber wachen, dass nur Fragen beantwortet und Probleme genannt werden. Alles andere muss in separate Termine verschoben werden, die im besten Fall schon während des Stand-Up-Meetings oder sofort danach vereinbart werden. Wichtig ist in jedem Falle, dass beim notwendigen „Abbrechen“ eines Redebeitrages in Aussicht gestellt ist, dass das Thema ausführlich zur Sprache kommt. Die richtige Form des Ausweichtermins und der Teilnehmerkreis hängen dabei von den jeweiligen oben genannten Ursachen des Redebedarfes ab.
Dieser Text ist unter Creative Commons BY NC ND (Namensnennung – Nicht Kommerziell – Keine Bearbeitung) lizenziert. Er ist Teil des Buchprojekts „Menschen im Projekt“. Er gehört zum Abschnitt 6, siehe Mindmap zu Inhalt und Struktur.
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Hallo Thomas
der Vergleich
> Das Scrum Stand up Meeting ist
> eine Art Gruppen GTD Treffen.
ist gut. Den merke ich mir
viele Grüße Eberhard
Das erinnert mich stark an Getting Things Done. Wenn ich „mit mir alleine“ ein Stand up Meeting mache, dann schlage ich derzeit eine Seite in meinem Buch mit Aufgaben auf und gehe die Punkte durch. Dort gehe ich jeden Punkt durch und frage mich selber die drei Kernfragen. Daraus leite ich jeweils den nächsten Schritt ab, um das jeweilige ToDo weiter zu treiben.
Das Scrum Stand up Meeting ist eine Art Gruppen GTD Treffen.