über PM Werkzeuge – Teil I

Durch | 21. April 2010

„A fool with a tool is still a fool“. So lautet ein häufig zitierter Spruch. Er wird in vielen Bereichen und natürlich auch im Projektmanagement verwendet. Manchmal wird er als polemisches Argument gegen jeglichen Tooleinsatz vorgebracht. Die Erkenntnis, dass sich jeder Einsatz eines Werkzeugs durch ungeschickten Gebrauch ad absurdum führen lässt ist trivial. Wenn jemand versucht einen Nagel mit dem Griff eines Hammers einzuschlagen macht das natürlich keinen Sinn – es ist aber kein Argument den Hammer zur Seite zu legen. Die Notwendigkeit von Schulungen d.h. den Hammer richtig zu halten ist heute jedoch nicht mein primäres Anliegen.

Mir fällt beim Einsatz von Projektmanagement-Werkzeugen gelegentlich etwas Anderes auf. Es wird nicht mit dem Hammerstiel auf die Nägel geklopft, sondern mit dem Griff eines Schraubendrehers, der nächste klopft die Schraube mit dem Schraubenschlüssel in die Wand, im schlimmsten Fall werden Nägel an die Wand geklebt und im Gegenzug die Tapete mit Nägeln befestigt. Das klingt provozierend, entspricht aber manchmal leider der Realität. Kein Projekt gleicht dem anderen, jedes Projekt benötigt andere Werkzeuge. Ein Systemhaus ist für wechselnde Kundenprojekte (z.B. Software-Einführungs-Projekte) mit einem Werkzeug, das standardisierte, ggf. wiederkehrende Aufgaben und Abläufe unterstützt gut bedient. Ein internes Produkt-Entwicklungsprojekt mit dem Ziel das Produktspektrum des Systemhauses zu erweitern stellt hingegen ganz andere Anforderungen an das Werkzeug. Im ersten Fall wäre ein klassisches Planungs- im anderen ein „agileres“ Werkzeug angesagt. Nägel und Schrauben lassen sich leicht unterscheiden, das genannte Beispiel ist ebenfalls nachvollziehbar. Schwieriger wird es mit einer generellen Klassifizierung von Projekten und dazu passender Werkzeugwahl. Die folgenden Fragen liefern zumindest erste Ansätze:

  • Wie viele der konkreten Anforderungen sind zu Projektbeginn schon klar? Dass ein übergeordnetes Ziel bzw. eine Vision vorhanden ist, setze ich heute voraus.
  • Aus wie viel Quellen werden Anforderungen erhoben?
  • Wurde ein ähnliches Projekt (Beteiligte und Inhalte) schon einmal durchgeführt?
  • Arbeiten die Mitarbeiter in einen oder in mehreren Projekten?
  • Wie groß und wie verteilt ist das Team?

Je nachdem wie die Antworten der obigen Fragen ausfallen werden Werkzeuge mit unterschiedlichen funktionalen Schwerpunkten benötigt:

  • Aufgaben- und Ressourcen Planung
  • Aufgabenverfolgung
  • Anforderungsmanagement
  • Erfassung und Ãœberwachung von Zeitaufwänden
  • Kommunikation und Kooperation

Grafik: Welches Tool für welche ProjektartWenn die Fragen teilweise als Koordinatenachsen aufgefasst werden, ergibt sich eine erste grafische Darstellung. Je häufiger das Projekt in ähnlicher Weise wiederholt wird, desto eher ist ein echtes Planungswerkzeug sinnvoll. Ist das Projekt einzigartig und sind die Anforderungen zu Beginn nicht klar, werden eher Anforderungsmanagement und mit wachsender Teamgröße und Verteilung Kommunikation und Kooperation wichtig. Vor der Wahl eines Werkzeugs ist es unabdingbar sich den Charakter des Projektes bewusst zu machen. Allzu schnell kommt man sonst in die Lage mit dem Schraubendreher zu hämmern.

Eine versteckte Botschaft des bisher Geschriebenen lautet, dass es das „beste“ Werkzeug nicht gibt. Als Projektleiter sollte mann/frau eine Vielzahl von Werkzeugen kennen und soweit möglich in jedem Projekt neu und bewusst wählen.

Derzeit haben wir in unterschiedlichen Projekten verschiedene Werkzeuge mit Schwerpunkten in den jeweiligen Bereichen im Praxistest. Unter anderem arbeiten wir derzeit mit A-Plan, MS-Project, Zcope, FogBugz, Mindmanager und auch Office. In den nächsten Tagen wird es hierzu mehrere Erfahrungsberichte geben.

7 Gedanken an “über PM Werkzeuge – Teil I

  1. Dr. Eberhard Huber Beitragsautor

    Hallo Herr Schneider,

    danke für Ihren Kommentar. Sie haben völlig recht:

    wenn die Auswahl der Tools aus einem von der Organisation vorgegebenen Set passiert

    Das Ideal wäre, dass die Organisation einen Werkzeugkasten bereit hält, aus dem das geeignete gewählt wird. Änderungen am Werkzeugkasten werden auf Anregung von Projektteams oder Prozessgruppen gemeinsam vorgenommen.

    Selbstherrliche Einführung von Werkzeugen (von Projektteams oder Prozessgruppen) ist immer problematisch.

    viele Grüße Eberhard Huber

  2. Thomas Schneider

    Hallo Herr Dr. Huber,

    Sie schreiben, es sei wichtig, dass sich jedes Projekt zu Beginn überlegt, welches Tool geeignet sei. Das ist aber doch nur sinnvoll, wenn die Auswahl der Tools aus einem von der Organisation vorgegebenen Set passiert.

    Wir laufen öfters in die Problematik, dass ein Projekt ohne Absprache mit der Prozessgruppe ein neues Tool einführt, dort Ressourcen drin verschwendet und dies dann doch nicht für andere Projekte nutzbar ist.

    Zudem ist es meiner Meinung nach bei den meisten Tools notwendig, dass alle Projekte in der Organisation die selben Tools verwenden, allein schon wegen der Einarbeitungszeit des Mitarbeiter, der in zwei oder drei Projekten arbeitet.

    Kurz Toolauswahl sollte nicht in der Hand des Projektleiters liegen oder in der Hand einer Prozessgruppe.

  3. anonymus

    Hallo nochmal,

    vielen Dank, für Ihr Feedback!

    Ich war mit meinem Kommentar nich ganz, bei Ihrem Thema. Zumal Sie auch geschrieben haben:

    ‚Dass ein übergeordnetes Ziel bzw. eine Vision vorhanden ist, setze ich heute voraus.‘

    Ich könnte mir vorstellen, dass bei der Anschaffung von Softwaretools ein großes Anliegen darin besteht, mit möglichst einem Produkt auszukommen. Schon allein wegen der Integration in MS-Office, Marketing etc. stossen dabei viele Unternehmen auf MS-Project.

    Ihrer Aussage:

    ‚Ein agiles Projekt lässt sich mit MS Project nicht optimal unterstützen.‘

    kann ich nur zustimmen. Ich würde sogar soweit gehen, dass man in der SW-Entwicklung nicht sonderlich gut mit MS-Project beraten ist…

    Nochmals vielen Dank für Ihr Feedback und Grüsse

  4. Dr. Eberhard Huber Beitragsautor

    Hallo,

    nochmals danke für Ihren Hinweis, ich habe einige Formulierungen, deren Ironie leicht falsch zu verstehen war, etwas geändert.

    viele Grüße Eberhard Huber

  5. Dr. Eberhard Huber Beitragsautor

    Hallo,

    ich stimme Ihnen zu, dass es Fälle gibt, in denen „wider besseren Wissens“ gearbeitet werden muss und ich würde da auch einen sehr engen Zusammenhang zwischen Menschenbild und Führung sehen. Dazu habe ich an anderer Stelle schon etwas geschrieben:

    http://www.pentaeder.de/projekte/2009/11/10/die-legende-von-web-2-0-werkzeugen/

    http://www.pentaeder.de/projekte/2010/02/05/selbstorganisation-und-menschenbild/

    In diesem Beitrag geht es mir ausschließlich um die Werkzeuge. Ich erlebe es sehr oft, dass Werkzeuge unzweckmäßig eingesetzt werden. Ein agiles Projekt lässt sich mit MS Project nicht optimal unterstützen. Genauso wenig ist ein agiles Werkzeug für produktionsnahe Abläufe geeignet. Beide Fälle habe ich schon erlebt und in beiden Fällen wurde im besten Wissen und Gewissen gehandelt.

    viele Grüße Eberhard Huber

  6. anonymus

    Bei Gelegenheit ist es vlt. auch Interessant mal nachzuschauen, was passiert, wenn die Träger einer Vision „ersetzt“ werden. Sprich die gleiche Vision anderen „quasi“ als Aufgabe^^ übertragen wird…

    …am besten noch ohne Kenntnis voneinander…

    …allerdings mit Konsequenzen.

    *Wenn Menschen anfangen Nägel an eine Wand zu kleben, oder ähnliches, hat das meist nicht den Grund, dass sie es nicht besser wüssten*

    Es ist somit keine „Toolsfrage“.

    => Aber auch das ist vermutlich eine Frage des Menschen & Weltbildes…

    …jedenfalls ist das meine Meinung dazu.

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