Die Ãœberschrift klingt provozierend. Definitiv! Vielleicht kann ich aber doch den einen oder die andere bewegen meinen Gedankengängen zu folgen. So viel sei versprochen, am Ende werde ich die Ãœberschrift zumindest ein wenig relativieren können. Im Zusammenhang mit Projekten beschäftigen mich die Begrifflichkeiten Leitung und Management schon länger. An anderer Stelle hatte ich bereits folgende Sätze formuliert:
Management hat von der begrifflichen Bedeutung viel mit Verwaltung und Steuerung nach Parametern zu tun. Die Ãœberhöhung des Manager-Begriffs im deutschen Sprachraum hat keine deckungsgleiche Entsprechung in der Herkunftssprache. Im englischen Sprachraum gibt es auch den Facility Manager den man in Deutschland vielleicht Hausmeister nennen würde. Sicher ist die Ãœbersetzung etwas überzogen, dennoch zeigt sie auf, dass der Begriff Management ursprünglich anders verwendet wurde. Siehe Projekte leiden, leiten oder managen
Eine weitere „Unsinnigkeit“ des Management-Begriffs ist mir kürzlich wieder aufgefallen als ich im Epic.graphic Blog ein Bild sah, das eindrucksvoll den Unterschied zwischen Daten, Information und Knowledge aufzeigt.
Die Daten entsprechen den reinen Zutaten, Information und Präsentation dem zubereiteten Kuchen. Knowledge hingegen ist der gegessene Kuchen. Knowledge ist in gewisser Weise die erprobte Information oder Erfahrung. Für mich ist dieses Bild eine sehr treffende Metapher. Es stellt sich im Anschluss aber die Frage: „Was kann dann Knowledge-Management sein? Verwaltung von Erfahrung, Verwaltung von Aha-Effekten, die sich beim Lernen eingestellt hatten. Verwaltung der Sinneserfahrung beim Essen eines Kuchens?
Knowledge – das heißt das Essen des Kuchens – lässt sich nicht verwalten. Nur die Zutaten und die Rezepte lassen sich verwalten. Im Laufe der Jahre komme ich immer mehr zu der Ãœberzeugung, dass es sich mit dem Managen von Projekten ähnlich verhält. Materielle Ressourcen, Planzahlen, Aufwandschätzungen lassen sich problemlos verwalten. Dass die Verwaltung dieser Aspekte wichtig ist stelle ich nicht in Abrede. Zum Erfolg eines Projektes gehört aber immer noch etwas mehr. Selbst wenn alles perfekt bereitgestellt wird, alle Zeitpläne sich als realistisch heraus gestellt haben, niemand aus dem Projektteam abgezogen wurde oder überlastet ist bleibt immer noch die „Kleinigkeit“ eine fruchtbare Zusammenarbeit zu ermöglichen. Dann kommen die Begriffe Führung, Inspiration, Motivation, Leadership usw. ins Spiel. Ich fasse das alles unter dem simplen Begriff Leitung zusammen. Leiten bedeutet: Begleiten, einen Weg weisen, bei Bedarf an die Hand nehmen oder eben wenn alles läuft nur noch leise mitgehen und aufpassen. Zur Leitung gehört definitiv eine gute Vorbereitung und auch eine Portion Management. In der Sprache der Mathematik würde ich demnach Management als notwendig aber nicht hinreichend bezeichnen. Es ist bei diesem Verständnis der Begriffe auch nicht zwingend notwendig, dass der Manager das höchste Gehalt bezieht – spätestens hier schmerzt die Provokation. Ich wünsche mir, dass Management etwas kleiner wahrgenommen wird. Der Projekt-Manager im Projekt erfüllt nur einen Teil der Aufgaben im Projekt. Es gibt Projekte in denen Management sehr wichtig ist – es gibt aber auch Projekte in denen Management nur eine marginale Bedeutung hat. Die Ãœberbewertung des Managements führt gelegentlich auch zu unpassendem Methodeneinsatz. Manche Projekte werden unter einem Berg von Management-Methoden regelrecht begraben.
Ich wünsche mir mehr Leitung und mehr Fingerspitzengefühl beim Einsatz von Management (=Verwaltung). Lasst uns Schrauben mit Schraubendrehern und Nägel mit Hämmern bearbeiten. Manchmal – so scheint es mir – werden in Projekten Nägel mit den Griffen von Bohrmaschinen eingeklopft.
@all
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Danke für die Zustimmung und die ausführlichen weiterführenden Kommentare, ich werde mir die verlinkten Beiträge asm Wochenende in Ruhe durchlesen
viel Grüße und ein schönes Wochenende, Eberhard Huber
Interessante Gedanken. Vor allem der Beobachtung, dass man mit reiner Verwaltung Projekte kaputtmachen kann (formal ist alles ok, nur das Ergebnis ist unbrauchbar oder die Mitarbeiter erledigt oder …) kann ich so nur zustimmen.
Ich selbst sehe den Begriff „Projektmanagement“ (und damit auch den Management-Begriff) deutlich weiter. Projektmanagement enthält AUCH die Verwaltung, geht aber in Anspruch und Aufgabe für mich weit darüber hinaus und umfasst Dinge wie
– Hinterfragen der Aufgabenstellung (Warum machen wir das Projekt eigentlich ?)
– Planung
– Kommunikation
– Kommunikation
– Kommunikation
(und noch ein paar Mal Kommunikation 😉
– Pflege der Beziehungen zum Team und allen anderen Betroffenen und/oder Beteiligten („Stakeholder“)
-…
Kurz und gut: Alles, was zur erfolgreichen Abwicklung eines Projektes erforderlich ist.
Und der Erfolg bemisst sich in diesem Sinne nicht daran, dass die formalen Abläufe eingehalten wurden (also die Verwaltung ok war) sondern 1.) der eigentliche Zweck des Projekts erreicht wurde , 2.) dabei mit allen Beteiligten in achtsamer und respektvoller Weise umgegangen wurde (Bedürfnisse ernst nehmen, offen kommunizieren, nicht überlasten, etc.)
Ich persönlich habe auch PMI bzw. das PMBoK so verstanden. Diese Methodik ist ein gutes (und konkret auch umfassendes) Werkzeug – wenn wir es als solches sehen und nicht als formalen Zweck vergötzen.
Vgl. dazu auch die Diskussion in den Kommentaren von http://projekthandwerk.wordpress.com/2011/08/07/projekte-leiten-kann-jeder/
volle Zustimmung lieber Eberhard Huber.
Die virtuose Nutzung von Tools und Checklisten ist nur die notwendige Bedingung erfolgreicher Projektleitung. Hinzu treten muss -quasi als hinreichende Bedingung- die „Leitung“ (um in Deinen Begriffen zu bleiben).
Menschlich zwar verständlich, aber sachlich nicht entschuldbar, tendieren Projektleiter immer noch dazu, der Methode den Vorrang einzuräumen, satt sich auf das Management unter Unsicherheit zu konzentrieren. Projekte sind aber Politik, lösen immer Widerstände aus und konfrontieren einen mit Gruppendynamik. Es zählt daher zu den Kernaufgaben, das Ohr auf der Schiene zu haben und Mikropolitik zu betreiben.
Kurzum: Es braucht ein anderes Management von Projekten, um wirksam zu sein. Eines, dass Tools und Checklisten als das begreift, was sie sind: sinnvolle Methoden der Unterstützung und die Kompetenz zur Führung eines komplexen sozialen Systems in den Fokus rückt. Gerade wenn die See mal rauh ist!
http://www.hinz-wirkt.de/lotsenblog/artikel/19-das-andere-projektmanagement