Warum ich openPM für sehr wichtig halte!

Durch | 4. Juli 2012

Bevor die emotionalen Wogen angesichts des Cartoons hochschlagen möchte ich mich mit den wichtigsten Aussagen beginnen. Gedanken zum Cartoon finden sich dieses Mal erst am Ende des Textes. Ja – ich halte #openPM für sehr wichtig. Nein – ich halte Zertifizierungen und Verbände nicht für überflüssig. Meines Erachtens ist eine Balance zwischen „offiziellem“ und „offenem“ Wissen notwendig. Eine Balance, ein Gleichgewicht stellt sich nicht per Definition ein. Vielmehr schlägt das Pendel mal auf die eine mal auf die andere Seite aus. #openPM ist für mich ein Stoß in die „offene“ Richtung. Ich vermeide hier bewusst die naheliegende Formulierung „in die richtige Richtung“. Die „richtige“ Lage des Pendels kann wahrscheinlich erst rückblickend bewertet werden. Den Gedanken der Balance möchte ich an einem Beispiel deutlich machen.

Vor einiger Zeit bin ich auf das global village construction set gestoßen. Es handelt sich um ein open source Hardware-Projekt für Landmaschinen ((Zu Beginn lag der Fokus auf Landmaschinen, inzwischen werden aber auch die Pläne für einfache Industriemaschinen veröffentlicht.)). Werkzeuge und rudimentäre Maschinen zur Landbearbeitung gibt es schon lange. Zu Beginn war dieses Wissen offen, jede( r) konnte Maschinen bauen. Mit der technischen Weiterentwicklung stieg die Komplexität der Maschinen, das Knowhow zum Bau der Maschinen verlagerte sich in die Hände von Industrien. Weitere technische Verbesserungen, mehr Vermarktung und Spezialisierungen setzten einen Kreislauf in Gang, der zu einer Situation führte, dass es Agrarbetriebe gibt, die sich weder einen modernen Traktor kaufen noch einen bestehenden Traktor warten und reparieren können. Das genannte Projekt ist ein Schritt zu den Wurzeln. Einfach zu konstruierende und leicht zu wartende Traktoren mit denen auch kleine und finanzschwache Betriebe maschinell unterstützt produzieren können. Auf den ersten Blick erscheint das wie ein technischer Rückschritt. Angesicht der möglichen Knappheit der Ressource Öl ist es aber vielleicht auch als Innovation zu sehen Traktoren mit Motoren auszurüsten, die bei Bedarf wieder mit Holzvergaser funktionieren. Vielleicht wird mit diesen offenen, simplen Landmaschinen auch die Bearbeitung von brachliegenden Flächen wieder rentabel, vielleicht ergeben sich neue Impulse für den Agrarmarkt. Die Zeit wird es zeigen. Ich denke nicht, dass das global village construction set die etablierten Landmaschinen- Hersteller ablösen kann und soll. Es geht um Ergänzung und Befruchtung.

In Sachen Projektarbeit sehe ich es ähnlich. Seit die Menschheit innovativ arbeitet, Neues erfindet und entwickelt gibt es Projekte. Das Wissen über Projektarbeit existiert implizit und offen schon lange. In den letzten Jahrzehnten hat eine wertvolle Konsolidierung stattgefunden, die von Wissenschaft und Verbänden geleistet wurde. Das Wissen wurde explizit. Je expliziter Wissen wird, desto schwerer wird es zugänglich. Das ist keine böse Absicht sondern ganz normal. openPM schafft hier wieder mehr Zugänglichkeit, neue Auseinandersetzung und langfristig – davon bin ich überzeugt – neue Befruchtung.

Zum Schluss noch ein paar Worte zum Cartoon, dem ein sehr persönliches Erleben zu Grunde liegt. Ich bin schon viele Jahre im Projektgeschäft tätig und es liegt bald 2 Jahrzehnte zurück, dass ich damals noch in einem größeren Unternehmen angestellt zum Projektmanager befördert wurde. Unter anderem bekam ich neue Visitenkarten mit dem Titel Projektmanager, wurde zu Ausschüssen eingeladen, es änderte sich tatsächlich auch der Dress Code. Es war durchaus eine faszinierende Exklusivität spürbar, die Exklusivität bezog sich auch auf die persönlichen Weiterbildungsmöglichkeiten. In dieser Firma war die Qualifikation zum Projektmanager letztendlich eine individuelle Belohnung. Hingegen gab es keine Qualifikationen für Projektmitarbeiter. Die Auswirkungen auf die realen Projekte blieben letztendlich gering. Mögliche Verbesserungen wurden wahrscheinlich durch die zusätzliche Hierarchiedimension überkompensiert. Letztendlich blieb ein Gefühl des Unwohlseins übrig, das ich damals nicht artikulieren konnte. Heute könnte der geplagte Projektleiter des Cartoons sagen: „Das habe ich mir anders vorgestellt, ich nutze zusätzlich openPM“.