Anbei eine kleine Geschichte, die ich vor einiger Zeit für den Projektgeschichten-Blog verfasst hatte. Die Geschichte kam mir anlässlich meiner Gedanken zum Flughafenbau wieder in den Sinn. In beiden Texten geht es um Berichte.
Es war einmal … ein Projekt X mit großem politischen Ãœberbau – und es war ein junger Projektleiter mit viel Begeisterung und (zu)viel Respekt vor großen Tieren. Eines Tages kam der Chef des Projektleiters ins Büro und rief aufgeregt: „Ich brauche morgen einen Projektbericht auf Folie, ich habe eine Präsentation bei meinem Chef“. „Kein Problem, das kann ich gleich machen, sie haben die Präsentation bis heute Nachmittag“ antwortete der beflissene Projektleiter. Gesagt, getan! Die Folien wurden abgeliefert, der Vortrag gehalten, Chef und Chef-Chef waren zufrieden.
Der Chef-Chef war sogar so zufrieden, dass er eine Präsentationen vor dem Vorstand in Aussicht stellte. Des Projektleiters Herz hüpfte vor Freude, ein wenig mehr Aufmerksamkeit konnte dem Projekt nicht schaden. Wenig später war es dann tatsächlich soweit – ein Termin für eine weitere Präsentation wurde anberaumt. Angesichts der Wichtigkeit des Teilnehmerkreises sollte die Präsentation überarbeitet werden. Sie sollte schöner, spektakulärer und weniger mit Einzelheiten gefüllt werden. Wieder sagt der Projektleiter: „Kein Problem, das wird gemacht!“ Es wurde eine beeindruckende Präsentation, das Projekt gewann an Aufmerksamkeit, die Folien wurden weitergereicht, kopiert und an anderen Stellen weiter diskutiert.
In der Zwischenzeit war das Kalenderjahr zu Ende gegangen, das Ritual des Projektberichtes stand an. Für den jungen unerfahrenen Projektleiter war es der erste große Bericht. Ein mühsames Unterfangen: Zahlen in Excel Dateien übertragen, inhaltliche Zusammenfassungen zu Projektschritten schreiben, eine neue Management-Summary formulieren, weil die alte zu lang für das neue Formular war und vieles mehr. Zu guter Letzt wurde noch eine Präsentation für den Lenkungsausschuss erstellt. Die Präsentation sollte den Bericht zusammenfassen auf dass die Mitglieder des Lenkungsausschusses auf das Lesen des Berichtes und der Formulare verzichten könnten. Am Ende war es eine ansehnliche Mappe, die sich auf den Weg zum Lenkungsausschuss und in weitere Steuerungsgremien machte und in den Wirren des Managements verschwand.
Das neue Jahr begann mit der Einführung einer neuen Projektsteuerungssystematik und dem Aufbau eines unternehmensweiten agierenden Projektbüros. Das neu gegründete Projektbüro begann Informationen über alle laufenden Projekte zu sammeln und erstellte eine große Projektliste und sprach Empfehlungen zu Weiterführung oder Einstellung von Projekten aus.
Auch das Projekt X wurde untersucht und für wertvoll befunden. Es sollte aber modifiziert und mit einem anderen Projekt zusammengelegt werden. Während der Projekt-Recherche war noch ein ähnliches Projekt Y gefunden worden. Aus Projekt X und Projekt Y sollte das neue Projekt X2 gemacht werden. Das neue größere Projekt X2 sollte ebenfalls von dem bereits erwähnten Projektleiter übernommen werden. HURRA! Die nicht ganz unbedeutende Schwierigkeit bestand lediglich darin, dass Projekt X und Y identisch waren. Die kursierenden Berichte und Präsentationen waren mehrfach weiter gegeben und verfälscht worden. Das Wissen, dass es sich nur um zwei verschiedene Präsentationen aber um EIN Projekt handelte war leider verloren gegangen. Es ist nicht überliefert wie der neue Projektlan für das Projekt X2 erstellt wurde.
Die Geschichte ist weder erfunden noch erlogen. Das ist mir tatsächlich passiert. Es war nicht ganz einfach diplomatisch zu kommunizieren, dass da wohl ein Missverständnis vorliegen müsse. Immerhin habe ich Einiges gelernt wie missliche kommunikative Situationen gelöst werden können ohne dass jemand sein Gesicht verliert.
P.S. Das ist schon eine ganze Weile her, die Präsentationen waren tatsächlich noch auf Folie gedruckt und wurden als Papierkopie weiter gegeben.