Nahezu jede Form der Zusammenarbeit von Menschen wird heute mit dem Begriff Team belegt. Aber nicht überall wo Team drauf steht, ist auch das Gleiche drin. Eine Unterscheidung der Charakteristika der Zusammenarbeit ist wichtig. Nicht jedes „Team“ ist für jede Aufgabe geeignet. Zudem unterscheiden sich die Ansätze von Leitung und Führung zum Teil erheblich.
Im Folgenden möchte ich zwischen Teams im engeren Sinne, Teams und Trupps unterscheiden. Die Begriffe sind nicht zufällig gewählt, sie verkörpern einerseits extreme Ausprägungen, andererseits werden dadurch häufig verwendete Metaphern aus Sport oder Militär deutlicher. Ich werde die Unterschiede an der Einsatzform, der Aufgabenteilung sowie dem Führungsprinzip beleuchten.
Im Kampf
Die Ausprägung des Trupps ist z.B. im Militär oder in Organisationen wie Feuerwehr und Katstrophenschutz zu finden. Die Aufgabenteilung ist sehr strikt und wird gezielt eingeübt. Es ist im Einsatzfall bereits vorher entschieden und allen klar, wer welche Aufgabe übernimmt. Die Entscheidungen wer die Drehleiter bedient, wer die Schläuche verlegt und wer die Leiter hochklettert, müssen im Vorfeld getroffen werden. Im Ernstfall ist es dafür zu spät. Diese Vorab-Entscheidung ist möglich, weil der Trupp konkrete Handlungsszenarien und definierte Abläufe hat, die eingeübt werden können. Der Begriff der „Übung“ ist jetzt schon zweimal gefallen. Zu Recht – sie ist ein wesentliches Merkmal: Ein Trupp kann und muss üben. Die Führung ist fest, hierarchisch und wird nicht in Frage gestellt. Es gibt klare Regeln, wie bei Führungsverlust gehandelt wird.
Im Projekt
Am anderen Ende einer „Autonomie-Selbstorganisations-Skala“ steht das Team im engeren Sinne wie es z.B. in (agilen) Projekten zum Einsatz kommt. Die Einsatz-Szenarien sind weitgehend unbekannt. Die Aufgabenteilung ergibt sich dynamisch aus den Anforderungen der Situationen und ggf. variierender Rahmenbedingungen. Die innere Hierarchie der Gruppe verändert sich im Zusammenspiel mit der konkreten Aufgaben- und Rollenteilung. Diese Flexibilität erlaubt einen kreativen Umgang mit unbekannten Situationen. Eine hierarchische Kommandostruktur und Vorab-Übungen nützen wenig bzw. sind sogar kontraproduktiv.
Im Sport
Sport-Teams stellen gewissermaßen die Übergangsform der zuvor beschriebenen Extreme dar. Übungen machen Sinn. Es gibt explizite Hierarchie-Positionen wie z.B. den Trainer oder den Mannschafts-Kapitän und spezialisierte Rollen (z.B. den Torwart). Die Aufgabenteilung ist vordefiniert, kann aber in gewissem Umfang wechseln. Beim Fußball dürfen und sollen auch Verteidiger Tore schießen. In anderen Sportarten wie z.B. „American Football“ ist die Aufgabenteilung differnzierter und zugleich statischer. Je nach Spielsituation wechseln z.B. hier die Spieler das Feld. Dementsprechend wird ein Touchdown eines Verteidigers als seltene Ausnahme gefeiert.
Folgerungen
- Es gibt keine allgemeingültige Ausprägung von Teams und kein für alle Situationen optimales Führungsprinzip. Es macht Sinn ein Feuer mit einem Feuerwehrtrupp zu löschen und nicht mit einem Team, das zuerst verhandeln muss wer den Schlauch ausrollen darf.
- Spezialisierung erhöht die Effizienz, ist in hohem Maße situationsabhängig und an der richtigen Stelle eingesetzt sehr sinnvoll.
- Je höher der Grad der Spezialisierung und die Standardisierung der Abläufe sind desto hilfreicher sind Übungen.
- Unklare, unsichere Vorhaben (z.B. Projekte) benötigen eher Teams im engeren Sinne.
Die Flexibilität, die durch wechselnde Führung entsteht, ermöglicht eine schnellere Bewältigung unbekannter Situationen.
Ausblick
Das Beispiel der Sport-Teams zeigt deutlich, dass die Übergänge zwischen Statik und Dynamik von Aufgabenverteilung und Führung je nach Sportart fließend sind. Bei großen Projekten können sich in Teilprojekten die Rahmenbedingungen so stark unterscheiden, dass verschiedene Gruppen im Projekt ggf. unterschiedlich organisiert werden müssen. Mit der Sport-Metapher gesprochen besteht das Problem in großen Projekten darin, ein Handball-Team und ein American-Football-Team zusammen spielen zu lassen. Die Durchsetzung einer einheitlichen Führungsstruktur in allen Teilen des Projekts ist dabei wenig hilfreich.
zum Weiterlesen
Hallo Herr Dr. Huber, vielen Dank für Ihre immer wieder interessanten und informativen Blogs. Weiter so! 🙂
Danke. Beim nächsten Artikel wird es vielleicht noch interessanter, wenn es um persönliche Vorlieben geht, schließlich arbeitet nicht jede(r) in jeder Gruppenform gleich gerne.
Sehr guter Post, der die heilige Kuh „Team das Allheilmittel“ ins rechte Licht rückt und zu Recht etwas mehr Beschäftigung und Erfahrung im Thema fordert.