Diese Woche habe ich zwei Vorträge gehalten. Thema der Vorträge war der Kern bzw. die Essenz erfolgreicher Projekte. In mehreren Untersuchungen wurden in rund 500 Projekten die verschiedensten Korrelationen zwischen unterschiedlichen Faktoren und dem Projekterfolg aufgespürt. Zwei Korrelationen stechen in ihrer Signifikanz deutlich hervor. Alle weiteren bzgl. Teamzusammensetzung (männlich, weiblich), Technikeinsatz (PM Werkzeuge, Kommunikationswerkzeuge), räumliche Verteilung der Teams usw. sind gegenüber diesen vernachlässigbar. Eine genauere Analyse der methodischen Elemente zeigt, dass vor allem jene Projekte, die Iteration, Reflektion und regelmäßige Treffen einsetzen funktionierende Teams und eine hohe Erfolgsquote hervorbringen. Eine neutrale Fassung der Folien gibt es hier. Nach den Vorträgen wurden viele Fragen gestellt, die das Thema ergänzen auf die ich heute noch eingehen möchte:
Welche Bücher sind zum Einlesen in agile Vorgehensweisen geeignet?
Scrum ist m.E. der am gründlichste ausgearbeitete und diskutierteste agile Ansatz, deshalb ist ein Scrum Buch ein guter Einstieg in die agile Welt. So z.B. das Buch von Roman Pichler: Scrum – Agiles Projektmanagement erfolgreich einsetzen (kein Affiliate Link)
Wo klemmt die Einführung agiler Methoden am häufigsten?
Agile Arbeitsweise setzt ein anderes Verständnis eines Teams voraus, daraus ergeben sich veränderte Rollen, die es so in der klassischen Organisation nicht gibt. So ist z.B. ein Scrummaster keine Führungskraft im klassischen Sinne, meistens fehlt ihm auch die Unterschriftsberechtigung, die für eine schnelle Beseitigung von Hindernissen hilfreich wäre. Verhindern die Schnittstellen die Arbeit des Srummasters kann das die Motivation des Teams nachhaltig stören.
Wie kann in agilen Projekten vor Beginn verlässlich der Gesamtaufwand geschätzt werden?
Hier gebe ich eine etwas provokante Antwort. Vorab-Schätzungen sind immer schwierig. Wenn vor Start des Projektes vermeintlich alle Anforderungen auf dem Tisch liegen kann man auf dieser Basis eine Schätzung vornehmen. In vielen Projekten fällt ein Teil der Anforderungen im Laufe des Projektes wieder weg und wird durch andere ersetzt, die neuen Anforderungen sind damit oft aufwandsneutral.
Woher kommen die Daten?
Die Daten wurden in mehreren Erhebungsrunden teilweise im Rahmen von Diplomarbeiten erhoben. In den nachfolgenden Veröffentlichungen sind Datenerhebung und Auswertung näher beschrieben:
- Eberhard Huber, Sven Lindenhahn: TEAMWORK: Warum Projektteams erfolgreicher sind als Projektgruppen, Objektspektrum Ausgabe 02 / 2010
- Sven Lindenhahn, Sebastian Günther, Eberhard Huber: Einfluss agiler Praktiken auf Teammerkmale und Erfolg von Softwareentwicklungsprojekten, Technical Report der Uni Magdeburg: Nr. FIN-014-2008, Arbeitsgruppe Wirtschaftsinformatik
Ist die Team- oder Gruppendynamik in allen Projekten gleich wichtig?
Nein – bei Gruppengrößen von 4 bis 8 Personen ist ihr Einfluss am größten. Dies ist ausführlich in der oben genannten Veröffentlichung „Einfluss agiler Praktiken auf Teammerkmale und Erfolg von Softwareentwicklungsprojekten“ beschrieben.
Wie werden sehr große Projekte erfolgreicher?
Gute Frage, meiner Erfahrung nach hilft nur eine Zerlegung in Teilprojekte. Dabei muss den Teilprojekten so weit wie möglich ein autarkes Arbeiten ermöglicht werden. In den Teilprojekten muss ein Stück weit ein Gefühl herrschen an einem eigenen Projekt zu arbeiten. Das Projektergebnis wird dann eben an ein anderes Projekt geliefert.
Benötigt man weiterhin Projektmanager wenn man konsequent agil arbeitet?
Die Bedeutung des überwachenden controlenden Projekt-Managements wird geringer. Die Rollen verändern sich. Aufgaben werden verlagert. An der grundsätzlichen Existenz der Aufgaben Planung, Mitarbeiterführung, Anleitung, Coaching usw. ändert sich jedoch nichts. Sie werden von anderen Menschen übernommen und sind nicht mehr per Definition an einzelnen Personen verankert.
Ich freue mich schon auf Deinen Vortrag beim PM Camp. Habe mir gerade die Folien durchgeschaut. Sehr spannend!